Zwischen neuer Mobilität und traditioneller Arbeitsimmigration: Die aktuelle italienische Immigration nach Deutschland







Abstract

Nach einer Phase der Stagnation in den siebziger und achtziger Jahren, in der sich die italienische Community auch durch die Familienzusammenführung stabilisierte, ist in den neunziger Jahren eine Wiederbelebung der Zuwanderung nach Deutschland zu beobachten. Anfänglich handelte sich um eine neue europäische Mobilität, die vom Integrationsprozess der Europäischen Union, von Austauschprogrammen wie ERASMUS und Leonardo da Vinci gefördert wurde. Mit der einsetzenden Wirtschaftskrise in den Ländern Südeuropas ist Europa mit einer Binnenmigration aus der Not konfrontiert und Deutschland ist wieder ein Haupteinwanderungsland. Inzwischen, nach den Jahren der Flüchtlingsimmigration, kommen vorwiegend europäische Immigranten nach Deutschland. So ist die Zahl der eingewanderten Italiener von 23.894 Personen im Jahr 2010 auf 53.348 Personen im Jahr 2018 gestiegen. Gleichzeitig ist Deutschland zunehmend mit einem gesättigten Arbeitsmarkt konfrontiert, der sich durch eine niedrige Arbeitslosenquote auszeichnet und wie in der Vergangenheit zunehmend vom Einsatz ausländischer Arbeitskräfte abhängig. Die deutsche Wirtschaft braucht z.B. Technikern in den MINT-Berufen aber auch Arbeitskräfte in Berufen wie Altenpfleger, Krankenpfleger, in der Logistik, in der Reinigungsbranche, in der Gastronomie. Sektoren, die durch eine hohe Teilzeitquote, Schichtarbeit, Prekarität und niedrige Löhne charakterisiert sind. Diese „modernen Gastarbeiter“ besetzen solche Arbeitsplätze, die von den Einheimischen vermieden werden, weil kaum Aufstiegschancen bieten und nicht so angesehen sind. Sie haben somit eine ähnliche Funktion als Reservearmee wie in der Vergangenheit die Gastarbeiter. Nicht selten handelt es sich um eine Unterbeschäftigung, da sie manchmal über eine Qualifikation oder ein Diplom verfügen, und sind so von Disqualifizierungsprozessen betroffen. Die Erfahrung der europäischen Mobilität in diesen Fällen geht nicht mit einer Steigerung der individuellen Kompetenzen einher, was einen „Brain-Waste“ für die Person bedeutet.
Literatur:
Pichler, Edith (2019), Lifestyle, milieu languages and the economy: the presence of Italian in the urban spaces of Berlin, in: Heyd Theresa, von Mengden Ferdinand, Schneider, Britta (ed.), The sociolingistic economy of Berlin. Cosmopolitan perspectives ob language, diversity and social space, Boston/Berlin, S. 195-222.
Pichler, Edith (2019), Germany, immigration policies and projects aimed at responding to labour market needs, in Coccia, B/ Ricci, A. (Hrg.) Europe of talents. Qualified migrations inside and outside the European Union, Rome, S. 85-91.
Pichler, Edith (2017) Double Emigration: Geographical and Cultural? The Participation of Italian Women in the German Labour Market, in: International Review of Sociology 1/2017. 25-36.
Pichler, Edith (2015), Bedingungsfaktoren der neuen Arbeitsmigration aus Italien nach Deutschland, in: Pfeffer-Hoffmann (Hrsg.), Neue Arbeitsmigration aus Spanien und Italien nach Deutschland, S. 47-73.

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